Freitag, 17. April 2015

Nachklang

Ich durfte gestern abend einen jüdischen Kantor bei einem Abend über hebräischen Psalmengesang am Klavier begleiten und bin noch ganz erfüllt von der ausdrucksvollen Musik mit ihren jahrhunderte- oder gar jahrtausendealten Texten und ihren oft schwermütig anmutenden, dann aber auch wieder überschäumend fröhlichen, tänzerischen Melodien. Mir war diese Art Musik, abgesehen von einigen jiddischen Liedern, weitgehend unbekannt, und doch hatte ich beim Üben manchmal das Gefühl, als sei sie mir längst vertraut und nur für eine Weile in Vergessenheit geraten.
Ein Stück aus dem Programm habe ich im Netz gefunden, eines von denen, die mir noch eine ganze Zeit lang im Kopf herumgehen werden: 

"Avinu Malkeinu" - "Unser Vater, unser König"

Ein wunderbarer Nachklang, eine gute Begleitung für diesen Tag und für viele.
"Shalom" euch allen, und "Lehitraot"!

Sonntag, 5. April 2015

Osterspuren


 Am Ende der Nacht ein Feuer anzünden.
Drumherum stehen und schweigen, hören, erinnern, singen.
Vom Anfang aller Dinge.
Von Gefangenschaft und Befreiung.
Von Dunkel und Licht. 
  Von Verzweiflung, Vertrauen und Verwandlung.
Von Liebe und Hingabe.
Vom Tod und wie er den Kürzeren zog.
Vom neu geschenkten Leben.
  

So auf die Morgendämmerung warten.
Die ersten verschlafenen und dann immer kräftigeren Vogelstimmen hören.
Den Himmel immer heller werden sehen,
da, wo bald die Sonne aufgehen wird.
Ein altes Osterlied in den jungen Morgen hineinsingen.



Und dann: am Osterfeuer Stockbrot backen!
Kleine und Große sind mit Hingabe am Werk.
 Die Brote werden danach in die Kirche hinaufgetragen
und beim Abendmahl ausgeteilt und aufgegessen.
(Manche werden von den Kindern auch gleich angeknabbert,
frühmorgens auf sein und Brot backen macht hungrig).
Auch das Licht vom Osterfeuer wird mitgenommen.


Noch mehr hören, noch mehr singen.
Man möchte gar nicht mehr aufhören damit.
Wenn man jetzt nicht doch auch hungrig wäre.
Und wenn es nicht schon so fein nach Kaffee duften würde...
  Auf zum Osterfrühstück!


Dies ist eines von den neueren Osterliedern
(leider ohne die Melodie von Detlev Jöcker):
 
Wo einer dem andern neu vertraut
und mit ihm eine Brücke baut,
um Hass und Feindschaft zu  überwinden,
da kannst du Osterspuren finden.

Wo einer am Ende nicht verzagt
und einen neuen Anfang wagt,
um Leid und Trauer zu überwinden,
da kannst du Osterspuren finden.

Wo einer das Unrecht beim Namen nennt
und sich zu seiner Schuld bekennt,
um das Vergessen zu überwinden,
da kannst du Osterspuren finden.

Wo einer das Unbequeme wagt
und offen seine Meinung sagt,
um Schein und Lüge zu überwinden,
da kannst du Osterspuren finden.

Wo einer gegen die Strömung schwimmt
und fremde Lasten auf sich nimmt,
um Not und Leiden zu überwinden,
da kannst du Osterspuren finden.

Wo einer dich aus der Trägheit weckt
und einen Weg mit dir entdeckt,
um hohe Mauern zu überwinden,
da kannst du Osterspuren finden.

Evang. Gesangbuch (Regionalteil Württ.) Nr.551 / Text: Reinhard Bäcker 1986

Einen fröhlichen zweiten Ostertag euch allen!