Dienstag, 10. Februar 2015

memories (aber nicht nur...)


War es nicht erst gestern...?
Nein - gestern war es zwanzig Jahre her, dass dieser feine kleine Kerl auf die Welt kam. Dass sein großer Bruder einen tollen Spielkameraden durch Dick und Dünn bekam. Und dass es sich jetzt rundum so richtig, richtig nach "Familie" anfühlte!!
Ein feiner Kerl ist er immer noch, wenn auch inzwischen ein großer, und als wir ihn gestern besucht und zu einem Geburtstagsessen eingeladen haben, hat er  sich dies hier ausgesucht:

 
Und so kam die Mutter des Geburtstagskindes erstmals in den Genuss von "Running Sushi" - und fand es sehr, sehr lecker! So lecker, dass sie versucht war, von allem zu probieren (was nicht zu schaffen war) und nach vielen kleinen Sushi-Portionen auch noch viele kleine Desserts verspeist hat. Der Vater bevorzugte derweil etwas Handfestes und ließ sich eine gute Portion gebratene Ente schmecken.


Kein Essen für jeden Tag - aber man feiert ja auch nicht jeden Tag Geburtstag!

memories - von Zeit zu Zeit ein Blick in die Schatzkiste meiner Erinnerungen aus den letzten gut zwanzig Jahren. Wobei meine Kinder, so wie sie damals waren, natürlich die Hauptrolle spielen... Wenn ihr Lust bekommt - macht doch auch mal den Deckel von euren Schatzkisten auf und zeigt etwas von euren memories!

Dienstag, 3. Februar 2015

Was geht?


Es wird Zeit. Wirklich. Allerhöchste Zeit, diesem meinem Blogpflänzchen wieder einmal etwas Nahrung zu geben, sonst könnte es mir noch verhungern... 
Es ist nicht so, dass mir nichts mehr eingefallen wäre, worüber ich schreiben könnte. Aber angesichts der aufwühlenden Ereignisse in benachbarten und auch in weiter entfernten Teilen der Welt, die uns die Nachrichtensendungen ins Haus brachten, fiel es mir irgendwie schwer, mich über das Wetter, grippale Infekte oder selbstgestrickte Socken auszulassen. Und über die Geschehnisse selber in angemessener Art zu schreiben, ohne nur zu wiederholen, was andere schon in klare, zornige oder auch nachdenkliche Worte gefasst hatten, dazu fehlte mir die Energie. Es erschreckt mich selber, ich habe ein lahmes Gefühl dabei, eine gewisse Müdigkeit macht sich breit, immer wieder neue, unerträgliche Geschichten in mich aufnehmen zu müssen, von denen ich mit schrecklicher Gewissheit weiß, dass sie wahr sind - und dass jeden Tag hunderte anderer schrecklicher Geschichten irgendwo auf der Welt passieren, von denen man nichts erfährt. Natürlich wird auch hier bei uns darüber geredet und sich empört, über Ursachen und Wechselwirkungen diskutiert und darüber, wo Freiheit anfängt und wo sie ihre Grenzen hat. Aber so streitlustig und diskussionsfreudig ich früher war, so erschöpft und überfordert fühle ich mich jetzt manchmal. Ist es das Alter? Ich weiß nicht - mein Vater ist dreißig Jahre älter als ich und legt bei Gesprächen über den Lauf der Welt und die aktuelle Politik oft ein Temperament und eine Schärfe an den Tag, die ich nur bewundern kann. (Ab und zu sagt er aber auch: Ich bin froh, dass ich dies oder jenes nicht mehr erleben werde...).
Viele BloggerInnen haben ja gleich nach den Mordanschlägen in Paris ihrem Betroffensein (im Wortsinne: es betrifft uns alle) und ihrem Eintreten für die Freiheit von Presse, Religion und Weltanschauung, ihrer Ablehnung von Gewalt und ihrem Widerstand gegen die Verbreitung von Angst und Schrecken durch religiöse Fanatiker Ausdruck verliehen, indem sie das "Je suis Charlie" - Logo übernahmen. Ja, dachte ich, das ist gut, das muss jetzt sein! Mach ich auch! Stattdessen fing ich an, über einen Blogtext unter der Überschrift "Bin ich Charlie?" nachzudenken. Und kam zu dem Schluss, dass ich es nicht bin. Erstens, weil ich finde, dass Satire und Karikatur ihren Gegenstand aufspießen, aber nicht mit Dreck bewerfen sollten. Und zweitens - jetzt selbstkritisch -, weil ich nicht weiß, ob ich den Mut hätte, mein Recht auf freie Meinungsäußerung auch dann öffentlich wahrzunehmen, wenn ich damit mein Leben riskieren würde. Wahrscheinlich nicht. Vielleicht, wenn es um etwas ginge, das mich oder einen geliebten Menschen existentiell beträfe. Man kann es nicht wissen, bevor es soweit ist.
So habe ich gedacht und gegrübelt, statt zu schreiben, und mich davor gedrückt, womöglich etwas Unausgegorenes von mir zu geben, das der Komplexität des Themas nicht gerecht würde... auch das eine Art von Risikoscheu. Auch das etwas, was ich überwinden möchte, abschütteln wie diesen Grauschleier von emotionaler Müdigkeit und In-Ruhe-gelassen-werden-wollen, der momentan sein Gegenstück findet im Blick nach draußen: Schneeregen, Graupelschauer, matschigbrauner Boden überall, Temperaturen knapp über null... brrrr... nicht Fisch und nicht Fleisch. Sehnsüchtig betrachte ich die herrlichen  Glitzerschneelandschaften aus höheren Lagen - ich hatte mich in dreißig Jahren Schwarzwald, Alb und "Oberland" so daran gewöhnt, nun fehlt es mir.
Ja, und was kommt jetzt, nach diesem Klagegesang über alles, was nicht geht? Was geht? Martin Luther soll ja mal gesagt haben, dass er, auch wenn er wüßte, dass morgen die Welt unterginge, doch heute noch ein Apfelbäumchen pflanzen würde. Bitte verzeiht mir die etwas plumpe Anlehnung: ich denke, auch ohne die Augen zu verschließen vor all dem Unerträglichen in der Welt, ist es möglich, Socken zu stricken, Bilder zu malen, Kindern Geschichten vorzulesen und Kuchen zu backen. Und das alles miteinander zu teilen, einander zu inspirieren. Es ist so wichtig, sich nicht lähmen zu lassen, sondern die Freude am Schöpferischen, an Worten, Bildern, Hand-Arbeit zu pflegen und zu teilen. Damit das Andere, die Gegenbewegung zum Zerstörerischen, das Aufbauende auch wächst. Dabei vor den schlimmen Geschehnissen nicht die Augen zu verschließen, sondern das winzige bisschen, was wir vielleicht tun können, zu tun, das ist die Kunst.



So, geschrieben ist es. Jetzt gilt (mit Erich Kästner): "Es gibt nichts Gutes außer: man tut es."
Habt eine gute Zeit, bis bald.

Dienstag, 6. Januar 2015

...ins Weite... (und eine Einladung)




Die neuen Tage öffnen ihre Türen.
Sie können, was die alten nicht gekonnt.
Vor uns die Wege, die ins Weite führen:
Den ersten Schritt. 
Ins Land. Zum Horizont.

(Klaus-Peter Hertzsch - auszugsweise zitiert aus dem Kalender "Der andere Advent")

Eigentlich geschieht das ja nicht nur mit dem Beginn eines neuen Jahres, sondern jeden Monat, jede Woche, täglich: dass neue Tage ihre Türen öffnen, dass wieder ein neuer Tag mit seiner Weite vor uns liegt... ein kleines Wunder jeden Morgen.
Aber an Neujahr und in den Tagen danach ist das Gefühl, in etwas Neues, Frisches, Unbenutztes einzutreten, besonders spürbar. Wie das Aufschlagen eines neuen, noch ungelesenen Buches, das man erst einmal genießerisch befühlt und beschnuppert, mit der Hand über die glatten weißen Seiten streicht und sich auszumalen versucht, was für ein ganz besonderes Stück Leben darin verborgen sein mag.  Wie frischgefallener Schnee, der dazu einlädt, die eigenen Fußstapfen darin zu hinterlassen. Der erste Schritt, zögernd und lauschend... und dann noch viele, viele weitere: Zum fernen Horizont - oder in innere Weiten? Hin zu neuem "Können"? Zu neuen Ufern - oder dem scheinbar Bekannten immer wieder neue Möglichkeiten abgewinnend?
Ich selber werde wohl eher in diesem Sinne neu-gierig sein: im Versuch, die alltäglichen Dinge auf neue Weise zu tun, bewusster, reflektierter, aufmerksamer für das, was sie mir bedeuten und warum ich dies oder jenes tue oder lasse. Und ein paar alte, fallengelassene Lebensfäden möchte ich nach und nach wieder neu aufnehmen: seien es im Laufe der Jahre locker gewordene oder ganz eingeschlafene Verbindungen zu einigen Menschen, mit denen ich einen Abschnitt meines Lebens geteilt habe, seien es Dinge, die ich einmal ausprobiert, aber nicht weiter geübt habe (z.B. manche handwerklichen oder sonstigen kreativen Versuche).

Mal sehen, wie weit ich komme... 



Wir wissen nicht, ob wir ans Ziel gelangen.
Doch gehn wir los.
Doch reiht sich Schritt an Schritt.
Und wir verstehn zuletzt: Das Ziel ist mitgegangen;
denn der den Weg beschließt und der ihn angefangen,
der Herr der Zeit geht alle Tage mit.

(Klaus-Peter Hertzsch, s.o.)


Und nun kommt zum Schluss noch eine Einladung an alle, die nicht so ohne weiteres "mal weg" können: ich lade euch ein, zwei junge Männer auf einer Reise ins wirklich "Weite" und zu im wörtlichen Sinne "neuen Ufern" ein wenig zu begleiten: Während ich dies hier schreibe, befinden sie sich gerade im Landeanflug auf Los Angeles, von wo sie zu einem großen und wohl auch streckenweise abenteuerlichen (...das Mutterherz hofft: nicht allzu abenteuerlichen...) Trip quer durch die USA aufbrechen wollen. Mein großer Sohn hat sich zusammen mit einem Kommilitonen diese ungewöhnliche Art eines Auslandspraktikums ausgedacht, und nach einer intensiven Vorbereitungsphase sind sie heute um die Mittagszeit gestartet und kommen kurz nach Mitternacht (15 Uhr Ortszeit) hoffentlich wohlbehalten dort an. Was sie in den kommenden drei Monaten alles vorhaben und erleben, darüber berichten sie in einem Blog. Und weil dieses Reisetagebuch in gewisser Weise interaktiv gestaltet ist und auch vom Mitmachen seiner Leser lebt, verlinke ich es hier (auch wenn mich das ein Stück meiner Blog-Anonymität kostet, aber das ist es mir wert). Wer mehr wissen möchte, möge bitte hier hineinschauen: - http://trip-us.jimdo.com - und es je nach Möglichkeit auch interessierten Jugendlichen weitersagen, denen es vielleicht Spaß machen könnte, per Kommentar und Abstimmung die Reiseroute und besondere Aufgaben für die beiden Abenteurer mitzubestimmen.

05. Dezember (Heilbronn)


Es ist Mitternacht - ich geh ins Bett (ganz in der Nähe) und schicke meine Gedanken noch ein bisschen ins Weite - zum Beispiel nach L.A., mittags um drei, 27°C und strahlender Sonnenschein... Gute Reise, ihr beiden!
Und Gute Nacht, all ihr anderen!

Sonntag, 21. Dezember 2014

Sonntagsfreuden

 
Eine besondere Überraschung kam diese Woche bei mir an: drei gedruckte Karten aus der Werkstatt von Lisa, die "Stroh zu Gold" spinnt und so manches alte, ausgediente Stück zu neuem Ansehen bringt. Hier ist es Hemdenkarton, der nun, anstatt für langweilige Herrenhemden, als Untergrund für herrlich eigenwillige und total unlangweilige Weihnachtssterne dient. Und sie sind wirklich soo vergnüglich anzusehen, diese Sterne, die zu tanzen scheinen, so lebendig wirken sie!


So lebendig, dass ich Lust bekam, mit dieser Sternenform ein wenig zu spielen.
Da gerade eine Schneidefeder in Griffweite lag, holte ich eine Klappkarte und ein Brettchen als Unterlage und fing an, einen Stern ins Papier zu schneiden. Ich wollte nur die Zacken ausschneiden und ein wenig aus dem Papier herausbiegen. Allerdings war die Feder ziemlich stumpf, so dass sie den dünnen Karton nur anritzte. Vor die Lampe gehalten, schien das Licht ganz fein durch die geritzten Linien.


Das gefiel mir, und ich machte weiter mit meiner "Schneidefederkritzelei". Verlor mich im Spiel und vergaß, dass "eigentlich" noch andere Arbeit genug auf mich wartete... und war vollkommen glücklich dabei...





...und wurde so wieder einmal daran erinnert, dass dies schon immer ein Herzenswunsch von mir ist, dem ich meist viel zu wenig Raum gebe: mit Materialien, Farben, Werkzeugen, Techniken herumzubasteln und zu -spielen, Sachen auszuprobieren, zu staunen, was manchmal ganz unerwartet dabei herauskommt - und dabei die Zeit vergessen zu dürfen.
Ich bin sehr zurückhaltend mit guten Vorsätzen für's jeweils Neue Jahr - aber dieser Herzenswunsch steht ganz oben auf der Liste!

(Und diese Ritzmethode muss ich mal mit geeigneterem Papier versuchen, die dicke, strukturierte Edelpostkarte ist natürlich nicht ideal dafür und ließ sich kaum fotografieren.)

Donnerstag, 11. Dezember 2014

Von Herzen

Durch die Erlebnisse der vergangenen Wochen bin ich hellhöriger geworden für Worte und Sätze, die vom "Herzen" reden. Gleich im ersten Gottesdienst, den ich nach der Woche im Krankenhaus besucht habe, fiel mir beim Singen auf, dass in jedem Lied, das wir sangen, mindestens einmal das Wort "Herz" vorkam. Ich bin ja, ohnehin und auch von Berufs wegen, vertraut mit alten und neuen Kirchenliedern, aber auf so etwas hatte ich noch nie geachtet. 

Beim Blättern in meinem (evangelischen) Gesangbuch stieß ich auf viele, viele Herz-Zeilen, zumal in den Advents- und Weihnachtsliedern, aber auch sonst:

Komm, o mein Heiland Jesu Christ, mein's Herzens Tür dir offen ist...
Mit Ernst, o Menschenkinder, das Herz in euch bestellt...
...mein Herze soll dir grünen in stetem Lob und Preis...
In seine Lieb versenken... mein Herz will ich ihm schenken...
Fröhlich soll mein Herze springen...
Freut euch von Herzen, freuet euch sehr: schon ist nahe der Herr!
Ich singe dir mit Herz und Mund... 
...gib, dass nicht bet' allein der Mund, hilf, dass es geh' von Herzensgrund...
...lass fahren, was das Herze betrübt und traurig macht...
Geh aus, mein Herz, und suche Freud' in dieser lieben Sommerzeit...
Wach auf, mein Herz, und singe... 

(...das ist nur eine ganz kleine Auswahl...) 


Dasselbe gilt natürlich mindestens ebenso sehr für Volkslieder, vor allem die Liebeslieder, und für Schlager mit ihrer "Herz-Schmerz-Lyrik" ja sowieso.
Aber nicht nur in Liedern, sondern auch in sonstigen Texten springt mir dieses Wort nun immer wieder ins Auge, und ich finde es ganz spannend, was da alles über das Herz zu erfahren ist - in seiner doppelten Bedeutung: einmal als das lebenswichtige Organ, vor allem aber in Bezug auf die Gefühle, welche die Menschen seit alters her als im Herzen lokalisiert empfinden. 


  
Für die Reha-Wochen hatte ich mir ganz bewusst nur sehr wenig zum Lesen mitgenommen. Ein Buch habe ich in dieser Zeit besonders ins Herz geschlossen, es stand schon seit zwei Jahren (!) auf meiner "to-read-Liste" aufgrund eines kurzen Abschnitts, den ich einmal gehört und nicht wieder vergessen hatte. Das Buch heißt "Der Klang", der Autor Martin Schleske ist Geigenbauer von Beruf (einer der Besten seines Fachs), und er schreibt "Über den unerhörten Sinn des Lebens". Seine Arbeit an den Instrumenten, der Umgang mit dem Holz, den Maßen und  Proportionen, dem Lack, seine Erkenntnisse über Resonanz und Klangcharakter, die Individualität jedes Instrumentes werden ihm zu Gleichnissen des Lebens,  der Berufung und der Gottesbeziehung jedes einzelnen Menschen.


Ich habe beim Lesen immer wieder kleine Herzen an den Rand gekritzelt, an Stellen, die ich mir besonders zu Herzen genommen habe. Zum Beispiel hier:

"Die Frage, ob wir Gott finden werden, ist schlicht die, ob wir uns von Gott ins Herz treffen lassen..." (...) "Gott zu begegnen bedeutet, das Versteck zu verlassen und sich dem zu stellen, was man längst begriffen hat."

Oder hier:

"Gottes Gnade wird erst wirksam sein, wenn wir unsere Berufung annehmen und ihr gemäß beginnen, unseren Weg zu gehen. Der erste Schritt unseres Weges kann nur bedeuten, dass wir einsehen, was wir "eigentlich" längst wissen. So beginnt jeder Weg mit der eigenen Wahrhaftigkeit. Je weniger wir es tun, je mehr wir also gegen unser inneres Wissen leben, desto mehr wird uns diese Unaufrichtigkeit (...) betäuben, und wir werden sogar die letzte Ahnung davon verlieren, was Berufung heißt. Da ist die einzige Gnade, die uns erreichen kann, vielleicht nur noch der Schlag, der unser kreiselndes Ich aus der Bahn wirft, damit wir aufstehen und einen Weg sehen, dessen Ziel nicht wir selbst sind."

 
Oder schließlich ganz knapp:

"Ein Mensch, der sich in Wahrhaftigkeit übt, ist ein Mensch, dessen Kampf mit sich selbst darin besteht, das belastende Gewicht der "Eigentlich-Sätze" seines Lebens zu verringern ("Eigentlich sollte ich...").

Das Kapitel mit dem zuletzt zitierten Satz habe ich ausgerechnet am Abend des Tages gelesen, an dem ich ein Gespräch mit der Reha-Psychologin hatte. Sie machte mich darauf aufmerksam, dass ich ziemlich oft das Wort "eigentlich" benutze:
"Eigentlich will ich mit XY schon längst über dieses Thema reden..."
"Ich bin meist schnell bereit, Aufgaben zu übernehmen, und eigentlich mache ich sie ja auch alle sehr gerne..."
"Eigentlich möchte ich viel öfter dies oder jenes tun..."
"Ich habe mir eigentlich fest vorgenommen, jeden Tag mit einer stillen halben Stunde zu beginnen..."

...und so weiter. Hinter jedem "eigentlich" steht unausgesprochen ein "aber":

"...aber ich habe Angst, dass XY mich nicht versteht/sich ärgert/es Streit gibt..."
"...aber je älter ich werde, desto weniger kann ich Zeit- und Leistungsdruck brauchen."
"...aber ich erkenne, äußere und plane meine Wünsche nicht klar genug."
"...aber (immer wieder andere Gründe, dass es nicht zur regelmäßigen Gewohnheit wird)." 


Alle diese "Eigentlich"s und "Aber"s greifen auf Dauer das Herz an, belasten es und können sich dann auch irgendwann auf der organischen Ebene bemerkbar machen. Spätestens dann wird es Zeit, auf sein Herz zu hören, sich ein Herz zu fassen, das Herz nicht in die Hose rutschen zu lassen, sondern es vielleicht sogar etwas mehr als bisher auf der Zunge zu tragen... und über die eigenen Prioritäten nachzudenken.  Darüber nachzudenken, was mir wirklich am Herzen liegt, und was ich nur tue, um einem bestimmten Bild (meinem eigenen oder dem anderer) zu entsprechen. Unrealistische Wunschvorstellungen als solche zu erkennen und loszulassen, um dafür Herzenswünschen mehr Aufmerksamkeit zu schenken.
    

Und schließlich (wo ich nun schon beim Thema bin) kam mir mein Konfirmationsspruch aus dem Brief des Paulus an die Kolosser in den Sinn. Er lautet (in der Übersetzung von Martin Luther):

"Alles, was ihr tut, das tut von Herzen als dem Herrn und nicht den Menschen."

Ich erinnere mich, dass mich dieser Spruch damals, mit vierzehn, ziemlich geärgert hat. Heutzutage dürfen die Konfirmanden ja meist ihre Denksprüche selber aussuchen, aber unser alter Pfarrer hatte sie uns "zugeteilt", und ich war mit diesem Satz überhaupt nicht einverstanden. Ich habe die ganze Sache mit dem Glauben recht ernst genommen, aber gerade deshalb fand ich, dass man Gutes um der Menschen willen tun sollte (Nächstenliebe!) und nicht, um vor Gott irgendwie gut dazustehen. Ich verstand den Satz so, dass es dabei mehr um die eigene Frömmigkeit gehe als um das Wohl des anderen Menschen, und das war für mich Scheinheiligkeit und Frommtuerei.


Erst viel, viel später ging mir auf, dass dieser Satz in Wahrheit genau das Gegenteil meint, nämlich: Dass ich das, was ich tue, nicht wegen der Anerkennung tun soll, die ich mir dafür erhoffe, nicht um bewundert oder vielleicht auch geliebt zu werden, nicht um Erfolg bei den Leuten zu haben. Dass ich alles "dem Herrn" tue - ich versuche das in meinen Worten und assoziativ mal so auszudrücken: ohne Hintergedanken / um der Sache willen / als ob nur Jesus mir zuschauen würde / aus Liebe / ohne mich darum zu bekümmern, was andere davon halten oder was es mir bringt / - und das Allerwichtigste: "von Herzen", also nicht halbherzig oder ängstlich, nicht voller Selbstzweifel, mit schlechtem Gewissen oder nur als ungeliebte Pflichterfüllung, sondern mit ganzem Herzen bei der Sache und im Bewusstsein, dass es einen tiefen Sinn hat, was ich da tue (auch die alltäglichen kleinen Pflichten - auch all das, wovon ich denke, dass ich es nicht gut genug kann - auch das, was ich einfach nur für mich selber tue - und auch das, was ich gerne wegschieben, aufschieben möchte, weil ich mich davon gelangweilt oder aber überfordert fühle...).


Ich denke, das mit dem "...dein Ändern leben" ist genau das, was in der Bibel mit dem etwas unmodernen Begriff "Buße tun" gemeint ist: nämlich dem, was man eingesehen und verstanden hat, nicht mehr auszuweichen. Und das jeden Tag so gut wie möglich zu üben, denn es ist nicht immer leicht (jedenfalls für mich) und fertig ist man damit wohl nie. Jedes Herz erinnert mich ein bisschen daran, und tatsächlich entdeckt man im Alltag überraschend viele davon, wenn man die Augen offenhält.   :-)



Und da der Advent von alters her gerade das sein will: eine Zeit, um das zu  erkennen und einzuüben,  was man ändern und leben will, wünsche ich euch allen jetzt von ganzem Herzen noch zwei gesegnete Adventswochen, mit genau der richtigen Mischung von Geschäftigkeit und Ruhe, Fröhlichkeit und Stille: Tut eurem Herzen etwas Gutes!


 

Montag, 24. November 2014

KurParkHerbst

Wenn es zu spät zum Schreiben ist, dann zeigt man eben nur ein paar Bilder. Zumal das Fotografieren eine reine Freude war, bei dem zauberhaften Herbstlicht und der völlig un-novemberlichen Wärme (zumindest hier im Südwesten).






   




  
Aber auch die Herbstabenddämmerung hat ihre Reize:

   



(Alle Aufnahmen aus dem Kurpark Bad Schönborn-Mingolsheim)

Samstag, 8. November 2014

Sonntagsfreude: Da sein

Die amselgesang - Blogpause hat lange gedauert, viel länger als gedacht. Das hat Gründe, unvorhergesehene, unplanbare: Von einer Stunde auf die andere war ich "weg" - weg von zu Hause, weg von all meinen Vorhaben, Pflichten, vorfreudig erwarteten Ereignissen, weg von Gartenarbeit, Herbstspaziergängen, weg vom Internet. Ich war "weg vom Fenster" und fand mich an einem mir bis dahin unbekannten Ort wieder: in einem Klinikbett auf der Intensivstation. Ich hatte nämlich am ersten Oktober beim Frühstück einen Herzinfarkt bekommen.
Lange war ich mir nicht sicher, ob ich hier darüber schreiben möchte oder nicht. Ich bin zu dem Schluss gekommen, dass es dazugehört in diesem Blog, der nicht nur von einer speziellen Sache wie Handarbeiten o.ä. handelt, sondern sich aus den unterschiedlichsten Puzzleteilen aus meinem Leben und Alltag zusammensetzt. Was es mir leicht macht, ist die Tatsache, dass ich mich inzwischen schon wieder recht wohl fühle, da mein Herz offenbar die ganze Sache ziemlich unbeschadet überstanden hat.
Gott sei Dank.
Die Ursache für den Infarkt war vermutlich eine Embolie, die durch die Erstversorgung bei unserem Hausarzt schon aufgelöst wurde. Jedenfalls war bei der Untersuchung im Krankenhaus keinerlei Gefäßverschluss mehr feststellbar, es handelt sich also nicht um eine "koronare Herzkrankheit". Möglicherweise habe ich gelegentliche Rhythmusstörungen mit Vorhofflimmern (wovon ich allerdings noch nie etwas gespürt habe), wodurch kleine Blutklümpchen entstehen können. Ich erinnere mich, dasselbe krampfartige, nicht schmerzhafte, aber sehr unangenehme Gefühl in der Brust schon zweimal im Laufe des letzten Jahres erlebt zu haben, allerdings beide Male nur wenige Minuten lang. Im MRT war das als zwei kleinere, oberflächliche Narben neben der neuen, größeren zu sehen.
Ja, und nun bin ich wieder "da" - und genieße es jeden Tag aufs Neue, dieses Da-Sein.
Momentan befinde ich mich in einer dreiwöchigen Reha, wovon jetzt die Hälfte vorbei ist. Ich mache Ausdauertraining, darf mich auch ordentlich belasten, so richtig drauflos marschieren (bei dem tollen Wetter: herrlich!). Lerne verschiedene Entspannungstechniken kennen. Genieße den Luxus eines hauseigenen Schwimmbades.
Und ich habe Zeit für mich, viel Zeit - tatsächlich war es mir gar nicht bewusst, wie nötig ich es hatte, wirklich einmal ganz bei mir bleiben zu können. Zu Hause ist es so leicht, dem auszuweichen und sich abzulenken - guten Gewissens, denn es gibt ja immer so wichtige Dinge zu tun. Und wenn man mit denen fertig ist, dann wartet da ein Buch und ein Strickzeug und der PC mit all seinen verlockenden Entdeckungen, und (ja, ja...) eine schöne Idee für einen Blogeintrag muss auch noch Gestalt annehmen. Und so weiter. Eine Nachteule war ich eh schon immer... und Zeitmanagement war noch nie meine Stärke...
(In der Klinik habe ich hauptsächlich eines getan: geschlafen. Zehn, zwölf Stunden oder mehr. Zu jeder Tages- und Nachtzeit. Und passe jetzt auf, dass es nicht weniger als sieben, acht Stunden sind. Egal, was die innere Eule dazu sagt).   :-)
Ich wusste wohl, dass ich in mancher Hinsicht nicht gut mit mir selber umging und dass ich einiges zu überdenken und zu ändern hatte (siehe letzter Blogeintrag), aber es war immer leichter, das aufzuschieben und mir selber davonzulaufen, als mich dem zu stellen, was - ja, mein "Herz" mir sagen wollte. Nun, es wusste sich Gehör zu verschaffen... und ich übe hinzuhören und herauszufinden, was es sich wünscht. Und im übrigen einfach: Da zu sein, hier, jetzt, von ganzem Herzen.
Allen, die amselgesang noch nicht ganz abgeschrieben hatten, sage ich DANKE und wünsche euch einen schönen Sonntag in diesem "goldenen November"! Genießt das Dasein, und - passt gut auf euch auf!