Freitag, 9. November 2012

Gestrickte Grüße

Ich muss gestehen, dass ich keine sehr fleißige Briefschreiberin bin. Leider. Wenn ich aber schreibe, dann tue ich es gern und nehme mir viel Zeit dafür. Und wenn ab und zu (selten genug in diesen Internet-Zeiten) ein Brief - womöglich noch ein richtig dicker - für mich im Kasten liegt, dann freue ich mich unheimlich und kann es kaum erwarten, ihn aufzumachen!


So ein Brief ist etwas Besonderes. Ein lieber Mensch hat an mich gedacht und lässt mich das wissen. Jemand hat eine schöne Karte oder ein Briefpapier ausgesucht, hat sich hingesetzt und seine Gedanken für mich - nicht schnell in den Computer getippt und mit einem Klick erledigt, sondern von Hand auf echtes, fühlbares Papier geschrieben, es dann in einen Umschlag gesteckt, eine schöne Marke draufgeklebt und eigenhändig in den Briefkasten gesteckt.
So ein persönlicher Brief kommt von Herzen, und deshalb wärmt er einem das Herz.


Besonders herzerwärmend finde ich Briefe oder Karten, die vom Absender selbst gestaltet wurden und so eine ganz persönliche Ausstrahlung haben. Eine alte Dame, die ich kenne, malt kleine Blumen-Aquarelle auf Briefkarten und verschenkt sie an all ihre Bekannten. Vielleicht bekommt sie ab und zu auch eine mit ein paar lieben Zeilen wieder zurück?


Weil das Briefeschreiben und -bekommen so viel Freude macht, habe ich mir vorgenommen, in dieser Hinsicht etwas fleißiger zu werden. Die Zeit vor Weihnachten ist ja eine gute Gelegenheit dafür. Aber auch Geburtstagskinder jeden Alters freuen sich über Glückwünsche per Post oft mehr als über viele Anrufe, die sie den ganzen Tag ans Telefon springen lassen.
Die Vorweihnachtszeit ist auch eine schöne Zeit zum Basteln selbstgemachter Karten, die man dann verschicken oder verschenken kann. Eine Möglichkeit von vielen möchte ich euch hier zeigen. Ich habe so eine Karte neulich bei einer Freundin gesehen, und sie hat mir so gut gefallen, dass ich sie gleich nachgearbeitet habe. Als (Geburtstags-)Gruß für strickbegeisterte Omas, Schwestern oder Freundinnen (aber nicht nur für solche) finde ich sie unschlagbar.


Auf die Vorderseite einer Doppelkarte klebt man ein Mini-Strickzeug, das man natürlich mit normalen Nadeln gestrickt und dann auf Zahnstocher gezogen hat (mit letzteren zu stricken wäre vielleicht etwas mühsam...). Ich habe einen Sockenwollrest dazu genommen.
Innen in der Karte steht folgender Text (den man natürlich auch mit eigenen Worten abwandeln kann, ich habe ihn auch schon ein wenig "bearbeitet"):

Alles selbst gestrickt

Jeden Tag stricken wir ein Stück an unserem Leben.
Oft suchen wir selbst die Wolle aus, die Farben, das Muster. 
Je nach Lust und Laune stricken wir in bunten, leuchtenden Farben oder in ruhigen, gedeckten Tönen.
Manchmal wagen wir uns an schwierige Muster, dann wieder stricken wir lieber etwas Einfaches.
Wir genießen es, Gestaltungsfreiheit zu haben. 
Aber nicht immer könne wir unser Lebensgarn selbst wählen.
Auch ohne unser Zutun kann der Faden wechseln.
Zuerst vielleicht bunt und flauschig, wird er plötzlich kratzig und grau.
Dann hilft nur weiterstricken, in der Hoffnung, dass das Garn sich wieder ändert.

Es gibt Tage, da geht das Stricken wie von selbst.
In anderen Zeiten kostet es uns viel Kraft, den Faden täglich wieder neu aufzunehmen.
Und ab und an lassen wir auch eine Masche fallen. Wir machen Fehler.
Oder es reißt uns der Faden. Dann müssen wir ausbessern und anknoten.
An solchen Stellen ist das Muster unseres Lebens holprig und löcherig.
So wird unser Lebenswerk nicht perfekt, denn wieder aufribbeln können wir hier kein winziges Stückchen.
Aber wie sorgfältig und meisterlich oder knubbelig und unbeholfen wir unser Leben auch stricken - es wird immer ein Einzelstück.
Die Länge deines Lebensfadens, die Farbe und Beschaffenheit  des Garns, die Muster und deine ganz persönliche Art zu stricken - das alles macht dein Lebensgestrick zu einem  kostbaren Unikat!


Allen, die das Glück haben,gerade mit ihrem Lieblingsgarn stricken zu dürfen, wünsche ich viel Freude am phantasievollen Gestalten. Und denen, die sich zur Zeit mit eher kratziger Wolle und gerissenen Fäden herumplagen müssen, Geduld und Zuversicht - und die eine oder andere freundliche Hand, die hilft, die Fäden zu entwirren und Klarheit über das Muster zu gewinnen.

Liebe Grüße euch allen!

Brigitte 

11 Kommentare:

  1. Och, wie schön! Ich liebe es, wenn Menschen sich noch schreiben. Das hat eine ganz andere Qualität, als mit modernen Mitteln zu komunizieren.

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    1. Wenn ich mir vorstelle, was ich wohl in meinen älteren Jahren machen werde, sehe ich mich als strickende, bastelnde, vorlesende, schreibende, singende Oma :) - (ich hoffe, es gibt bis dahin ein paar Enkel- oder andere Kinder, die mir dabei Gesellschaft leisten...).

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  2. Hej Brigitte,

    eine wunderschöne Idee. Sie erinnert mich an die Nornen, die nordischen Göttinnen, die den Lebensfaden spinnen.

    Mit lieben Grüßen
    Beate

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  3. Liebe Brigitte,
    mir geht es auch so, ich bekomme so gerne Briefe, manchmal bin aber echt schreibfaul. Aber das ändert sich jetzt. Gestern habe ich entschlossen, meine/unsere Weihnachtskarten endlich rechtzeitig zu basteln, womit ich nicht nur einen Satz hinschreiben kann, sondern viele liebe Worte. Ich habe auch schon angefangen damit, und Deine Karte kommt genau im richtigen Zeitpunkt. Meine Mutter hat in diesem Monat Geburtstag, und sie strickt liebend gern. Vielen Dank für den Tipp!

    Liebste Grüsse aus Ungarn
    Betti

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    1. Kedves Betti,
      örülök, hogy tetszik! Ès a szöveg lefordítása bisztos nem nagy probléma számodra...
      Sok-sok örömet (a sok munka mellett)kívánok neked ezekben a karácsony elötti hetekben!
      Brigitte

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  4. Was für eine entzückende Idee... und so ein schöner Text!
    Danke für Teilen. Alles Liebe, Martina :-)

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  5. Liebe Brigitte,
    nun habe ich erst bei Pünktchen geantwortet, denn da sah ich noch so einen Briefe-Post und etwas von meinem Brief. Ich bin ja so dankbar, dass der Brief aus der Türkei angekommen ist, doch wo sind die drei anderen Briefmarken hin? Hat wohl doch eine von vier gereicht??!! Hauptsache da.
    Also für drei Kinder und Familie schreibst Du recht viele Briefe, wie ich finde. Die Ministrickzeug-Karte habe ich mit dem "originalen" Text auch kennengelernt und ich war wie Du begeistert und hab´s nachgemacht. Dein abgewandelter Text gefällt mir.
    Ich mag Aquarelle sehr. In meinem Bekanntenkreis gibt es davon auch ein paar Künstler, wo mich ab und zu eine hübsche Kleinigkeit erreicht.
    Ich sehe mich übrigens auch als solch eine Oma, doch das hat noch ein bisschen Zeit, hoffe ich.
    Herzliche Grüße
    Roswitha

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    1. Ja du, deine Briefe werden hier anscheinend richtig berühmt ;)
      Ist ja lustig, dass Pünktchen die gleiche Idee hatte wie ich. Aber als Bloggerinnen sind wir ja alle vom Schreiben fasziniert, ob virtuell oder "materiell" von Hand.

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  6. Schön, dass mir hier dieser weise Text und diese feine Kartenidee wieder über den Weg läuft! Danke für die Erinnerung, liebe Brigitte.
    Herzliche Grüße
    Jana

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  7. Liebe Brigitte,
    was für eine zauberhaft bestrickende Idee ;-)
    ine wahre Seelenfreude solch eine Karte.
    Hab innig lieben Dank fürs Teilen.
    Solch eine Karte werde ich gern auch verschenken.
    Herzliebe Grüße
    tüftelchen

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