Mittwoch, 25. März 2015

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               Nicht mutig

               Die Mutigen wissen
               Dass sie nicht auferstehen
               Dass kein Fleisch um sie wächst
               Am jüngsten Morgen
               Dass sie nichts mehr erinnern
               Niemandem wiederbegegnen
               Dass nichts ihrer wartet
               Keine Seligkeit
               Keine Folter
               Ich
               Bin nicht mutig. 

                    Marie-Luise Kaschnitz        
 

14 Kommentare:

  1. Das hat mich sehr berührt, ich danke dir.
    LG Melanie

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  2. Ein ganz wunderschönes, einfühlsames
    Gedicht. Es macht Mut und gibt Hoffnung.
    Ich wünsche dir ein sonniges Bergfest
    Irmi

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  3. Bisher hab ich Mut immer als eine positive, erstrebenswerte Eigenschaft betrachtet. Dieses Gedicht hinterlässt Unfertiges in meinem Kopf, im positiven Sinn.
    LG, Marion

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    1. *Dieses Gedicht hinterlässt Unfertiges in meinem Kopf...*
      Genau das ist für mich ein Merkmal von wirklicher Kunst (im Unterschied zu "nur" Schönem oder Dekorativem oder auch Kitsch): dass man nicht gleich "fertig" wird damit, dass sie offene Denk- und Fühlräume schafft, dass sie einem so etwas wie ein "staunendes Fragen" oder "fragendes Staunen" schenkt anstatt einer Bestätigung dessen, was man eh schon zu wissen glaubte.
      Dieses Gedicht stellt das Wort "Mut" in einen ungewohnten, "fragwürdigen" Zusammenhang, Anlass zum Nachdenken und -spüren... ich bin auch nicht fertig damit!

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  4. Liebe Brigitte,
    vielleicht sollte ich lieber schweigen, denn mir fehlen ein wenig die Worte.

    Die Mutigen wissen...?
    Was ist das Gegenteil von mutig?
    Ängstlich? Verzagt?
    Sind wir ängstlich und verzagt, weil wir glauben?
    Viele Fragen.
    Verwirrter
    Claudiagruß

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    1. Viele Fragen zu haben ist was Gutes. :-)
      Auch meine Gedanken zu dem Gedicht sind unfertig:
      Allen Ernstes zu wissen, dass man am Ende ins Nichts fallen wird (oder ein geliebter Mensch) und daran nicht zu verzagen, erfordert einen fast übermenschlichen Lebensmut.
      "Ich bin nicht mutig" - ich bin nicht wissend.
      Mehr sagt der Text nicht. Jetzt bin ich dran.
      Mir ist Vertrauen näher als Wissen. Nicht ängstliches oder verzagtes, sondern kindliches. So wie ein Säugling darauf vertraut, dass er gestillt wird. Das braucht auch Mut, denn man muss die Zweifel aushalten.
      Danke für die Fragen...!

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    2. So gesehen finde ich es etwas unglücklich, Menschen die nicht glauben, mutig zu nennen.
      Gibt es doch für sie keinen Ausweg. Sterben müssen sie. Davor kann auch Mut nicht retten.
      Braucht man dann also eher Mut zum glauben? Vielleicht manchmal. Aber vor allem ist es doch Gnade, glauben zu dürfen. Jedenfalls scheint es mir oft so.
      Ich wünsch dir einen guten, hellen Tag!

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    3. Also ich verstehe das auch gar nicht. Das Gedicht ist doch kein Trost? Mit Sätzen wie "dass kein Fleisch mehr um sie wächst" im Bewusstsein über die Berichterstattungvon Leichenteilen und Knochenpuzzlen?
      Mir wäre auch lieber, wir wären still!
      Anna (ohne Blog)

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  5. Nein, wissen tun wir gar nichts von dem was "danach" kommt.
    Tausende von Gedanken hatte ich dazu schon ....

    Mutig? Wenn ich das wüsste ....
    Meine Mama wusste lange Zeit dass sie sterben wird. Sie hatte ALS. Ich habe sie als "stark und mutig" in Erinnerung. Sie hat es ausgehalten jeden Tag mehr zu spüren wie das Ende näherkommt.
    Ja, auch mit Tränen, schlechten Tagen, Verzweiflung. Und doch auch mit guten Tagen, wir konnten Abschied von ihr nehmen. Wir mussten, weil gewollt hat das so keiner, sie war so jung!
    Sie hat uns oft gebeten, sie weiter durchs Leben mitzunehmen wenn sie nicht mehr da ist. An sie zu denken wenn es ein Lachen gibt.
    Fast 20 Jahre nehme ich sie nun weiter mit durchs Leben. Als Susanne geboren wurde hatte ich das Baby im Arm und "redete" mit meiner Mama. Hatte das Gefühl sie ist irgendwo, irgendwie dabei, weiss um ihr jüngstes Enkelkind.
    Die Trauer bleibt für immer, sie ist leise geworden.
    Die Tage nun muss ich feststellen, dass die Trauer um meinen Bruder wieder "aufgerissen" wurde. Er verunglückte mit dem Auto. Weil alles niederbrannte konnten wir nie erfahren was passiert ist. Wer hat nicht aufgepasst, war er es selber? Wurde er abgedrängt .... viele Fragen. Die scheinbar still in mir schlummerten und nun durch das Flugzeugunglück wieder da sind. Ganz nah .... ich weiss ja wie all die vielen Menschen sich fühlen, die ihre Lieben verloren haben. Von einer Sekunde auf die Andere. Aus dem Leben, Lachen, fühlen, spüren, sein ... kam das Unglück in ein schwarzes Loch ging der Weg ....
    Ich wünsche allen Hinterbliebenen, dass sie gut begleitet werden. Nicht nur diese Tage sondern sehr lange Zeit. Ich wünsche Ihnen, dass sie getröstet werden, weiss aber selber, dass es keinen wirklichen Trost gibt. Jeder muss für sich selber einen Weg finden. Die Tränen dürfen auch in vielen Jahren noch sein. Das Weh-tun hört nicht auf, nie .... nicht wenn so ein Unglück alle Träume zerstört hat! Und doch ist es wahrscheinlich richtig wenn man seinen Weg weitergeht und den Menschen den man verloren hat "mitnimmt" durchs eigene Leben. Ihn da sein lässt in sich.
    schwere Zeiten, traurige Gefühle
    Elisabeth

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    1. Das Nicht-Wissen, das Glauben braucht auch Mut: Aushalte-Mut, De-Mut, Vertrauens-Mut... (s.o.).
      Wie gut hast du das gesagt: "...sie weiter durchs Leben mitzunehmen..."! Ich rede auch manchmal mit meinen lieben Toten, spüre sie nahe bei mir (ganz ohne irgendwas zu "wissen" - das ist es, was mich an den ganzen Mode-Esoterikern abstößt: dass sie behaupten zu wissen, was niemand wissen kann).
      Wissen würde Vertrauen überflüssig machen. Wissen ist kühl. Mir ist Vertrauen lieber. Da ist mehr Wärme, mehr Liebe dabei. Mehr.... ja, Trost...

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  6. Ja! ... ich hab das Gefühl wir sind uns ähnlich mit diesen Gedanken.

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